15. September 2025

# Arbeit & Wohlstand

Pensionen: Verantwortung übernehmen heißt ehrlich rechnen

Manchmal fühlt sich Politik an wie ein endloses Hinauszögern, ein ständiges Verschieben schwieriger Entscheidungen auf später. Doch bei den Pensionen können wir uns dieses Spiel nicht mehr leisten, weil es nicht um kleine Detailfragen geht, sondern um die Stabilität und Nachhaltigkeit eines ganzen Systems.

Mich bewegt in diesen Tagen besonders, dass unser Pensionssystem nur dann verlässlich bleiben kann, wenn wir den Mut haben, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Dieses Jahr hätte deutlich unter der Inflation abgeschlossen werden müssen, alles andere wäre ein gefährliches Signal, dass wir uns von der Realität verabschieden und kurzfristige Wünsche über langfristige Verantwortung stellen.

Die Dimension wird klar, wenn man auf die Zahlen blickt: Unser Pensionssystem finanziert sich über ein Umlagensystem, welches allerdings auf das Jahr gerechnet ab dem 12. August, dem sogenannten „pension overshoot day“ nicht mehr allein für die Auszahlungen aufkommen kann – dann springt der Staat ein. Für das Jahr 2024 musste der Staat rund 30 Milliarden Euro zuschießen – Tendenz steigend. Ein Ausmaß, das uns vor Augen führen sollte, wie dringend wir strukturelle Antworten brauchen.

Es geht dabei nicht um ein paar Prozentpunkte mehr oder weniger, sondern um Generationengerechtigkeit: Wer heute großzügige Versprechen macht, ohne Rücksicht auf Fakten und Finanzierbarkeit, gefährdet nicht nur die Stabilität für die jungen Menschen, die das System in den kommenden Jahrzehnten tragen müssen, sondern auch die Sicherheit für jene, die bereits in Pension sind und darauf vertrauen, dass ihre Ansprüche gedeckt bleiben.

Dazu gehört Ehrlichkeit im Diskurs und der Mut zu echten Reformen. Ein späteres Pensionsantrittsalter, das der steigenden Lebenserwartung Rechnung trägt, eine stärkere Erwerbsbeteiligung, die unser System breiter absichert, und eine Reform, die wirklich strukturell wirkt – nicht bloß kleine „Reförmchen“, die Probleme vertagen, bis sie noch größer geworden sind.

Und außerdem: Wenn kleinere Pensionen überproportional stark steigen und höhere Pensionen nicht, dann wird das Versicherungsprinzip ausgehöhlt. Die Pension ist eine Versicherungsleistung – sie richtet sich danach, was jemand über Jahrzehnte eingezahlt und geleistet hat. Wer lange und viel eingezahlt hat, muss darauf vertrauen können, dass Leistung und Gegenleistung im Gleichgewicht bleiben. Wenn diese Logik jedes Jahr durch politische Eingriffe unterlaufen wird, verlieren wir Schritt für Schritt die Grundlage des gesamten Systems.

Vielleicht sollten wir uns öfter die Frage stellen was wir den nachfolgenden Generationen hinterlassen wollen. Ein stabiles Fundament oder ein marodes Gebäude aus gemütlichen Versprechen?

Die Autorin

Elisabeth Sauritschnig

Elisabeth, geboren in Kärnten, studierte Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ihre Karriere führte sie von Anwaltskanzleien über den Österreichischen Wirtschaftsbund und das Parlament bis zur Büroleitung im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Nun engagiert sie sich als Geschäftsführerin der Julius Raab Stiftung in wirtschaftlichen und politischen Projekten.