Die neue Art-15a-B-VG-Vereinbarung: Hintergründe, Erneuerungen und was noch fehlt

Die derzeitige Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Elementarpädagogik hatte eine drängende Deadline – den August 2022. Nach längerem Warten und Erwarten kam nun die neue Vereinbarung (BGBl I 148/2022). Welche Erneuerungen bringt sie aber tatsächlich mit sich und welche Anliegen verbleiben wünschenswert?

Hintergründe der Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung

Bereits im Blog „WAS IST EINE ARTIKEL-15A-B-VG-VEREINBARUNG?“ im Jänner dieses Jahres sind wir auf die Grundzüge der Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung und ihre Wichtigkeit eingegangen, deswegen wird empfohlen als Grundlage für diesen Blogbeitrag in den alten hineinzuschnuppern.

In einer Kurzfassung kann gesagt werden, dass diese Vereinbarung relevant für den Elementarbereich ist, weil sie Investitionen des Bundes, wie zum Beispiel für den Ausbau, die Qualitätsentwicklung und -sicherung österreichischer Kinderbetreuungsplätze, zwischen Ländern und Bund regelt.

Problemfelder in der österreichischen Elementarpädagogik

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für die meisten Eltern in Österreich sehr wichtig. Trotzdem stellt das Thema Kinderbetreuung für viele Familien und insbesondere Frauen noch immer ein großes Problemfeld dar, sodass viele Frauen manchmal sogar zwischen „Kind und Karriere“ entscheiden müssen. Dass Österreich im Bereich des elementaren Bildungssektors Aufholbedarf hat, merkt man vor allem im internationalen Vergleich, wo Österreich hinter Best-practice-Ländern wie z.B. Dänemark hinkt.

Die neue Vereinbarung nimmt sich diesen Problemen an und setzt folgende Punkte zum Ziel: Ein flexibles, flächendeckendes und ganzjähriges Angebot an qualitativ hochwertigen Bildungs- und Betreuungsangeboten – für alle Familien, die es wollen. Der Fokus des flächendeckenden Ausbaus soll vor allem auf Plätzen für Unter-Dreijährige und unversorgte Regionen liegen sowie die Verlängerung und Flexibilisierung von Öffnungszeiten, die mit der Vollbeschäftigung von Eltern vereinbar – also VIF-konform – sind, inkludieren.

Konkrete Erneuerungen

Die neue Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung bringt einige Veränderungen mit sich, die erste richtige Schritte in Richtung hochwertiger Kinderbetreuung sind.

Dies sind unter anderem :

  • Eine „Kindergartenmilliarde“, sprich ein angehobener Zuschuss von 142,5 Mio. Euro auf 200 Mio. Euro für die nächsten fünf Jahre (bis 2026/27) für das Pflichtkindergartenjahr für Fünfjährige, den Betreuungsausbau für Unter-Dreijährige und für noch unversorgte Regionen sowie frühe Sprachförderung (zusätzlich dazu kommen 63 Mio./Jahr über die Kofinanzierung der Länder).
  • 30 % der Mittel dürfen die Länder flexibel für den Ausbau oder die Sprachförderung nutzen (bisher waren es nur 10 %), der Zuschuss für das Pflichtkindergartenjahr steigt von 70 auf 80 Mio./Jahr.
Was bedeutet „Ausbau“ genau?

Die zusätzlichen Mittel für den Ausbau sollen beispielsweise zusätzlichen Plätzen, Investitionen für Barrierefreiheit, Verbesserungen des Betreuungsschlüssels, zusätzlichem Personal, einem VIF-konformen Angebot oder pädagogisch sinnvollen räumlichen Verbesserungen dienen. Durch Investitionen in die Sprachförderung sollen die Bildungssprache Deutsch sowie der Entwicklungsstand durch entsprechendes Personal, Fortbildungen und Sachkosten gefördert werden.

Außerdem soll bis 2026/27 die Betreuungsquote der Unter-Dreijährigen über die 33 % steigen, die bereits 2010 in den Barcelona-Zielen festgelegt wurden. Die Quote der Drei- bis Sechsjährigen soll auf 97 % steigen. Daher setzt die neue Vereinbarung den Schwerpunkt besonders auf den Ausbau von Angeboten für Unter-Dreijährige und den vermehrten Einsatz von Tageseltern.

„Bekennung“ zu einheitlichen Standards

Leider sind in den Neuerungen keine bundesweiten Mindeststandards (z.B. zu Gruppengrößen oder Qualitätsanforderungen an Personal) aufzufinden. Die Länder bekennen sich allerdings dazu, österreichweit möglichst einheitliche Standards in Qualität und Quantität der elementarpädagogischen Angebote bei der Qualifikation von Personal sicherzustellen sowie einheitliche pädagogische Grundlagendokumente zu nutzen. Zudem soll für mehr Transparenz ein jährlicher Bericht über die Umsetzungsfortschritte der Länder veröffentlicht werden.

Luft nach oben

Die Neuerungen in der Art-15a-B-VG-Vereinbarung sind ohne Zweifel wichtig für den Elementarbereich. Trotzdem ist einiges an Potenzial da, das noch ausgeschöpft werden muss, bevor Kinder und Eltern sagen können, dass in der elementarpädagogischen Kinderbetreuung „alles passt“.

Einerseits fehlt trotz der Erhöhung der Zuschüsse noch einiges an Budget im (nicht nur elementaren) Bildungsbereich. Laut einer Studie von ECO Austria bräuchte man 1,6 Mrd. Euro/Jahr, um Österreich auf einen Kurs zu bringen, der europäischen Vorbildern wie Dänemark oder Niederlande ähnelt.

Andererseits darf beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze nicht auf deren Qualität vergessen werden. Aus zahlreichen Studien – unter anderem auch unserer Studie „Zukunft säen“ mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut ECO Austria – weiß man nämlich, dass eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung zu einem erfolgreichen Schul- und späteren Erwachsenenleben, besserem Bildungsniveau und Einkommen und sogar zur Gesundheit beiträgt. Hinzukommt, dass die Kosten für Kinderbetreuungsplätze in den Bundesländern stark auseinandergehen. Wünschenswert für die Elementarpädagogik wären daher nicht nur ein flächendeckendes und ganzjähriges Angebot an Betreuungsplätzen, sondern auch adäquate Betreuungsschlüssel und einheitliche Qualitätsregelungen und Kostenstrukturen.

Zu guter Letzt bleibt nur noch zu sagen, dass jede noch so kleine, positive Entwicklung und Erneuerung ein Schritt in Richtung bessere Elementarbildung in Österreich ist. Denn hochwertige frühkindliche Bildung bedeutet mehr Chancengerechtigkeit.

(nl)

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