Markus Gull:

Arbeit 4.0

M.U.T. Magazin, 3. Quartal 2016

Jetzt ist es also passiert: der Digitale Wandel ist da und uns geht die Arbeit aus. Wir werden so schnell wegautomatisiert, dass die Zeit hoffentlich noch reichen wird, die Maschinensteuer einzuführen, bevor ein Roboter das Kanzleramt übernimmt. Die Wahrheit ist: durch die Digitalisierung werden wir nicht weniger Arbeitsplätze haben als jetzt, aber definitiv andere. Wenn wir es smart anstellen, sogar mehr und bessere.

Smart anstellen bedeutet zuerst einmal Sturzhelm, Sicherheitsgurt und Windelhose ablegen, dafür die analoge Chancen-Brille aufsetzen, denn damit gibt es allerlei Wunderbares zu entdecken. Wir sehen zum Beispiel eine Industrie 4.0, in der vernetzte Maschinen Arbeiten übernehmen, bei denen es vor allem um berechenbare Abläufe geht und uns Hirnbesitzern Zeit für Dinge geben, die menschliche schöpferische Kraft brauchen. Denn, ausdenken kann sich der beste, schnellste Computer nicht einmal dann etwas, wenn er mit der gesamten Breitbandmilliarde gefüttert wird.

Wir haben die Chance und Notwendigkeit zu einem Quantensprung in der Bildung. Lasst uns die Möglichkeiten des digitalen Lernens mit Feuereifer in unser Bildungssystem weben, verstehen, dass Coding unabdingbarer Bestandteil der Alphabetisierung ist, sofort die jahrzehntelang liegen gebliebenen Hausaufgaben in der Bildungspolitik nachschreiben und uns gleichzeitig in Musterschüler verwandeln. Wir können das tun, wir müssen das tun. Beim Wein ist es uns ja auch gelungen. Vor 30 Jahren schaffte es „Österreichischer Giftwein” bis auf
die Titelseite der New York Times, heute steht Österreichischer Wein als Qualitätsbeweis in den besten Restaurants der Welt.

Stellen Sie sich als nächsten Schritt vor, Österreich wäre Weltmarktführer in Sachen Digitaler Bildung. EduTech als Standortmagnet, Gamification als Exportschlager? Googeln Sie ein wenig nach Gaming + Lernen, oder Gaming + Gesundheit, Sie werden rasch erstaunliche Entdeckungen machen. Etwa wie effizient und nebenwirkungsfrei digitale Spiele bereits heute zur Bekämpfung von Alzheimer Symptomen oder bei der Krebstherapie eingesetzt werden, welche atemberaubenden Erfolge mit Virtual Reality in der Schmerzbekämpfung gemacht werden. Könnte hier nicht eine saubere, intelligente Industrie entstehen, eine Branche, die exzellente Arbeitskräfte gleichermaßen entwickelt und anlockt, heimische Betriebe mit jeder Menge neuer Arbeitsplätze entstehen lässt und gleichzeitig Impulse für die bestehenden Branchen setzt? Auch in der Digitalen Welt ist nicht alles Gold was startupt und unsere 480.000 KMUs halten den Laden am Laufen, im Fremdenverkehr etwa. Wäre es nicht spannend zu überlegen, wie man digitale Innovation in Sachen Gesundheit mit der einzigartigen Infrastruktur des heimischen Tourismus aktiv verbinden könnte um so nachhaltig Wachstumsimpulse zu setzen, anstatt mit dickeren Schneekanonen auf den Klimawandel zu schießen? #GönnDir für die Phantasie, sozusagen, und dann: #LäuftBeiDir …

Der Digitale Wandel bedeutet für die Wirtschaft ein Mehr an Chancen und gleichzeitig ein Mehr an Gelegenheiten, diese zu verpassen. Das tut in der globalisierten Welt doppelt so weh wie im Fußball, wo man weiß: „Die Tore, die man nicht schießt, bekommt man!” Jede verpasste Chance wird jemand anderer nützen und schon steht es 0:2, bevor wir uns noch gemütlich aufgewärmt haben. Deshalb ist heute unternehmerisches Denken so lebenswichtig, dass es bereits in der Vorschule als Unterrichtsprinzip ausgerufen werden muss. Jeder Mensch hat die Notwendigkeit, pfiffiger zu sein als es bisher möglich und vielleicht nötig war.

 

Wir sind dafür!

Markus Gull

Markus Gull, Präsident der Julius Raab Stiftung

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