Bei Geldgeschäften ist der Österreicher sehr konservativ. Geht es doch um sein Erspartes. Die Wahrscheinlichkeit, dass er im Laufe seines Geldlebens die Bank wechselt, ist eher gering. Sein Bankbetreuer ist ihm wichtig (ob digital oder analog ist sekundär). Und die Absicherung seiner Ersparnisse ebenso. Und obwohl die persönlichen Finanzbelange mit einer hohen emotionalen Sensibilität verbunden sind, weiß der Österreicher so gut wie nichts über das „Finanzwesen.“
FINANCIAL LITERACY? ERROR
Eine Gesellschaft, in der private Altersvorsorge immer wichtiger wird, kann sich finanzielle Dummheit nicht leisten. Es ist unabdingbar, ein finanzielles Grundwissen zu haben – genauso wie eine Fremdsprache zu beherrschen. Diesen Umstand haben die Amerikaner sehr früh erkannt. 2003 wurde „The Financial Literacy and Education Commission“ von der amerikanischen Regierung noch unter dem Eindruck des Börsenrausches der 90er Jahre und des bösen Erwachens daraus gegründet.
Diese Kommission wurde beauftragt, eine nationale Strategie zur Finanziellen Bildung zu etablieren. Herzstück ist die Website mymoney.gov, auf der für alle wesentlichen Zielgruppen (Jugendliche, Lehrer/ Ausbilder, Forscher) zugeschnittene Inhalte abzurufen sind. Unter der Leitung des Finanzministeriums und des Konsumentenschutzministeriums werden seither finanzbildungstechnische Aspekte für den pädagogischen Gebrauch entwickelt und aufbereitet.
Warum die Finanzkrise 2008 dennoch die Amerikaner in diesem massiven Ausmaß betroffen hat, ist relativ leicht erklärt: Amerikaner sparen prinzipell weniger Geld für ihr Alter, obwohl die staatliche Absicherung dort deutlich niedriger ist als hierzulande. Statt dessen konsumieren viele von ihnen, als würde es kein Morgen geben. Ein durchschnittlicher US-Haushalt ist heute schon mit mehr als einem Jahres-Nettoeinkommen verschuldet. Warum ist das so? Weil finanzielle Allgemeinbildung eben mehr ist als reines Faktenwissen. Natürlich muss man wissen, wie das gesetzliche Pensionssystem funktioniert und was Aktien, Fonds und Lebensversicherungen sind. Aber das allein reicht nicht. Wir müssen auch lernen, uns nicht immer wieder selbst zu überschätzen.
GAMIFICATION HILFT FINANZIELLER BILDUNG
Hier wird „Gamification“ eine ganz wichtige Rolle zu Teil. Nicht nur in der Vermittlung der fachspezifischen Inhalte (wie gehe ich mit dem Geld um, was ist ein Budget, wieviel Geld kostet der Alltag) sondern besonders bei der Entwicklung eines Selbstbewusstseins, das ein kritisches Hinterfragen und auch mögliche Fehler/ Rückschlage zulässt. Digitale Bildung schafft eine individuelle, eigenverantwortliche Persönlichkeit, die mit dem erworbenen Wissen auch behutsam und verantwortlich umgehen kann und – im konkreten Fall der Finanzbildung – zu einem Gesprächspartner auf Augenhöhe bei seinem Bankberater wird.
In Österreich gibt es von Regierungsseite (noch) keine vergleichbare Plattform für Finanzielle Bildung wie jene der US-Regierung.
Die Initiativen zur Finanziellen Bildung werden bei uns vorallem von den Geldinstituten selbst gestartet. Nicht immer ohne Kritik. (nh)
Lesen Sie im zweiten Teil von „Können Sie Financial Literacy“ über Österreichs ERSTE Financial Life Park, der sich erstmals in Österreich der Vermittlung von finanzieller Bildung auf spielerische Art widmet.

