Europas einzige virtuelle pädagogische Hochschule kommt aus Österreich.

Stefan Schmid zu Gast bei Markus Gull im Café Julius

Lehrende und Lehramtsstudierende beim Erwerb ihrer digitalen Kompetenzen optimal zu unterstützen, ist die zentrale Aufgabe der Virtuellen Pädagogischen Hochschule, die seit 2011 an der Pädagogischen Hochschule Burgenland angesiedelt ist. Mit einer virtuellen Lernumgebung, vielfältigen Online-Fortbildungsveranstaltungen und Selbstlernmaterialien bietet sie Infrastruktur und Expertise für die individuelle Fortbildung und österreichweite Vernetzung. Dazu hat Markus Gull Stefan Schmid, der seit September 2016 das Team der Virtuellen Pädagogischen Hochschule leitet, bei einem Frühstück im Café Julius interviewt.

Trendscouts in Sachen digitaler Bildung

„Die virtuelle pädagogische Hochschule gibt es schon seit sieben Jahren. Unsere Aufgabe ist es, digitale Bildungsinnovationen nach Österreich und in die Bildungslandschaft zu bringen“, erklärt Stefan Schmid. „Wir sind derzeit ein Team von 30 LehrerInnen. Wir scouten digitale Innovationen und entwickeln daraus digitale Aus- und Weiterbildungsangebote, die dann von uns selbst und bei unseren Systempartnern angeboten werden. Die Bedeutung digitaler Aus- und Weiterbildung lässt sich daraus ablesen, dass sich hierzulande mittlerweile jede/r vierte Lehrer/in virtuell fortbildet“.

Breitgefächertes virtuelles Angebot

„Wir haben keine realen Klassenzimmer, sondern ausschließlich virtuelle Schulungsräume. Die Lerninhalte reichen dabei über den Erwerb von digitalen Kompetenzen hinaus. Unser Angebot spannt sich von eLectures, das sind einstündige, interaktive Online-Vorträge, auch „Webinare“ genannt, über zwei- bis vierwöchige kooperative Onlineseminare und fertige Unterrichtskonzepte für die eEducation-Praxis, bis hin zum „Coffeecup Learning“, das sind Module bestehend aus fünf zehn bis dreissigminütigen gamifizierten Micro-Learning Einheiten für den systematischen Aufbau von digitalen Kompetenzen“, beschreibt Stefan Schmid das Angebot der Virtuellen Pädagogischen Hochschule, das am 29. November erstmals auch bei den DigiPlayDays der Julius Raab Stiftung, Österreichs größtem Event für digitale Lernspiele, vorgestellt wird.

Neue Rollenbilder

„Wir wissen zwar heute noch nicht genau, was in den nächsten zehn Jahren auf uns zukommt, sicher ist aber, dass sich die Job Description von LehrerInnen deutlich von mechanischen Vorstellungen des Lernens, wie wir sie etwa vom „Nürnberger Trichter“ kennen, unterscheiden wird. Die LehrerInnen werden in Zukunft viel mehr Trainer, Coaches und Begleiter sein,“ meint Stefan Schmid. Das Zusammenspiel zwischen Lehrern, Eltern und Schülern werde sich, so Schmid, hin zu mehr Eigenverantwortung und Selbständigkeit der Schüler und zu einer Intensivierung der Lehrer-Eltern-Beziehung verändern. Der digitale Wandel ermögliche bessere Analysen und individuelle, differenzierte Lernmodelle, mehr kollaboratives und kooperatives Arbeiten und dadurch das Bündeln von Stärken.

Zukunftschance EduTech

Ein Top-Trend im eLearning ist der Einsatz von Spielen. „Die ‚Gamification‘ im Sinne des spielerischen Lernens fördert die Motivation ungemein. Wir sehen das bei den Coffeecup-Einheiten, die wir anbieten. Es ist wichtig, dass die LehrerInnen lernen, wie Spiele im Unterricht einzusetzen sind. Ihr Einsatz ermöglicht es, das eigene Handeln und das der anderen in der Reflexionsphase zu analysieren. Zudem bietet“, so Schmid, „die Entwicklung von EduTech, die enorm skalierbar sind und weltweit Zuspruch finden, eine gute Chance für den Standort Österreich. Wichtig sind entsprechende Hubs und Förderschienen, um den Transfer in die Schule zu bewerkstelligen“.

Digitale Bildung schafft Freiraum

Als Mitbegründer des Konzepts des „Flipped Classroom“ beschäftigt sich Stefan Schmid seit langem mit der Frage, wie durch den Einsatz von digitalen Medien der Unterricht verbessert werden kann. „Während der Lehrer im klassischen Klassenzimmer doziert, die Schüler zuhören, und dann Hausübungen dazu aufgetragen bekommen, erhalten sie im „gespiegelten“ Klassenzimmer des Flipped Classroom nach einer kurzen Erklärphase ein Video für daheim mit einigen Begleitaufgaben. In der Schulstunde wird dann darauf aufbauend kollaborativ und kooperativ geübt. Das bedeutet mehr Unterrichtszeit, in der die Lernenden individueller gecoacht werden können,“ erklärt Stefan Schmid. „Durch den Einsatz digitaler Medien gewinnen die LehrerInnen wieder Zeit dafür, sich im Sinne einer ‚Herzensbildung‘ individuell um einzelne kümmern zu können.“

 

Stefan Schmid, Diplomstudium der Sozialarbeit im städtischen Raum am FH Campus Wien, Bachelorstudium der Informations- und Kommunikationspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Wien. Arbeitsschwerpunkte: Flipped Classroom/Learning, Digitale Innovationen und Digitalisierung in der Bildung. Hochschullehrkraft und Vortragender zu eDidaktik, eLearning, digitale Innovationen und Financial literacy an der PH Wien und an der FH Burgenland, Banken, NPOs,Wirtschaftskammer usw. Seit September 2016 Leiter der Virtuellen Pädagogischen Hochschule. Twitter: @hingeschmidet; stefan.schmid@virtuelle-ph.at.

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