Gratis war einmal.  „Die Presse“ im digitalen Wandel 

Bis vor wenigen Jahren galt es noch als eine sensationelle Errungenschaft, eine Zeitung im Internet gratis zu lesen. Diese Entwicklung hat letztlich zu weltweiten Umwälzungen in der Printbranche geführt. Nicht nur die „New York Times“ setzt mittlerweile auf Bezahl-Abos für recherchierte Information, auch die österreichische Tageszeitung „Die Presse“ führte ihre kostenpflichtige Premium-Variante zu Beginn dieses Jahres ein. Ein mutiger Schritt – hatte doch bereits im Januar 2015 die NZZ-Mediengruppe mit NZZ.at ein digitales Bezahlangebot lanciert, das Ende April 2017 bereits wieder wegen mangelnden Erfolges eingestellt werden musste. Wie läuft es bei der „Presse“ mit der kostenpflichtigen Online-Ausgabe, was sind die bisherigen Erfahrungen , was ist in Zukunft noch geplant? Diesen Fragen stellte sich Rainer Nowak, Chefredakteur der „Presse“, zu Gast bei Markus Gull im Café Julius.

Positive Erwartungen wurden übertroffen

Seit zwei Monaten bietet „Die Presse“ mittlerweile „Payed Content“ an, damit müssen die User für etwas bezahlen, was vorher gratis gewesen ist. „Es war eine strategische Entscheidung des Konzerns, für Qualitätsjournalismus Geld verdienen zu müssen. Die Voraussetzungen dafür waren vorhanden – unsere Seite verfügte vor allem über den für eine Umstellung nötigen starken Traffic“ erzählt Rainer Nowak. „Die Erfahrungen mit der kostenpflichtigen Premium-Ausgabe sind jedenfalls bisher exzellent. Es hat keine Rückschläge bei den Zugriffen gegeben. Wir haben unsere möglicherweise etwas zu bescheiden gesetzten Ziele mehr als erreicht. Derzeit haben wir 2.500 Digitalabonnenten, dazu kommen 2.000 Printabo-User und mehr als 10.000 Tester. Natürlich bieten wir in der Premiumvariante auch zusätzliche Inhalte, wie Gadgets, Slideshows, Dossiers usw. an“.  Man befinde sich derzeit bei der „Presse“ noch mitten im Prozess, noch sei vieles zu tun.

Digitaler Wandel verändert das journalistische Berufsbild

Die Medienbranche ist vom Digitalen Wandel besonders betroffen, das gilt besonders für die Journalisten:  „In Zukunft werden Journalisten primär digital arbeiten und dadurch auch über mehr Möglichkeiten verfügen, etwa, mehr Menschen als bisher viel leichter erreichen zu können. Wer kann heute sagen, wie lange es die Papierzeitung noch geben wird?“, skizziert Nowak die zukünftige Entwicklung. „Wir werden noch viel mehr digital werden, etwa bei den bewegten Bildern, beim Partizipationsjournalismus und dem usergenerierten Content. Die Journalisten werden sich dabei den Usern auf Augenhöhe stellen und mit ihnen diskutieren müssen. Ich halte das für eine der positivsten Veränderungen der letzten Jahre“.

Digitaler Wandel stellt die Politik vor neue Aufgaben

Facebook und Google sind für die (Print-)Medienlandschaft harte Konkurrenten im Werbegeschäft. Dazu die Anregung von Rainer Nowak, sollten die Medien europa- bzw. weltweit gemeinsame Lösungen verhandeln, welche Beiträge für die Inhalte, mit denen Facebook und Google Geld verdienen, den Medien als Erbringern dieses Inhaltes zu leisten ist. Dem digitalen Wandel fehlt vielfach noch die Breite – auch bei vielen österreichischen Unternehmern, wie 2016 eine Studie der Julius Raab Stiftung gezeigt hat. Der bestehende Hype um digitale Start Ups reiche, so Nowak, nicht aus, und sieht dazu auch die Politik gefordert, und regt dazu an, bestehende Geschäftsmodelle in Bezug auf neue Konkurrenz bzw. potentielles Einsparungspotential an Arbeitsschritten zu untersuchen (nach Beispiel von Uber, Amazon, die im „Urzustand“ konventionelle Auto- bzw. Paketbuchversandunternehmen gewesen seien). Das wird Arbeitsplätze kosten und neue entstehen lassen.

Digitaler Wandel bietet Journalisten neue Chancen

Grundsätzlich, das meint auch Rainer Nowak,  ist Kulturoptimismus angebracht. Es gibt Chancen für neue Kanäle – beispielsweise wird Instagram momentan spürbar wichtiger, während sich Facebook seit längerem mit dem Thema Hass-Postings beschäftigt. Angesichts von Fake News und alternativen Fakten werden viele Menschen vielleicht aufgeschlossener für qualitativ hochwertige, gut recherchierte Information. Fake News sind auch nichts Neues, lediglich deren Verbreitung ist via soziale Medien einfacher geworden ist. „Im Unternehmen selbst hat uns der bisherige Prozess viele positive Erkenntnisse gebracht. Der digitale Wandel ist eine große Erleichterung für den Job. Die journalistische Eitelkeit bekommt neue Möglichkeiten, und vor allem: die Arbeit macht Spaß“.

 

Rainer Nowak, geb. 25.11.1972 in Innsbruck.  1992 bis 1997 Studium der Geschichte und Politikwissenschaften. Seit 2010 Ressortleiter Innenpolitik bei der Tageszeitung „Die Presse, seit 2012 Chefredakteur, seit 2014 Herausgeber. Viele Auszeichnungen, zuletzt Journalist des Jahres 2015.

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