Markus Gull:

Es ist höchste Zeit: Unf*ck the economy!

Kommentar der anderen, Der Standard, 4. Mai 2017

 

Die Arbeiterkammer zeichnet das Bild vom bösen Unternehmer, allerdings sehen die Österreicher das grundlegend anders. Sie schaffen nicht automatisch Lösungen für gesellschaftlich relevante Aufgaben, aber auch nicht notwendigerweise Probleme.

 

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hatte also keine bessere Idee für ein Werbevideo, als auf Unternehmer loszugehen. Dieser Film entspringt einem mottenzerfressenen Ungeist, der sich nicht einmal mehr auf Ebay als Vintage verschenken lässt. Es ist der Grundverdacht gegen die Wirtschaft und die Unternehmer, also diese finstere Macht, die man gern einmal heranzieht, wenn Geld oder ein Schuldiger gebraucht wird.

Ganz pfui wird’s spätestens dann, wenn Gewinne entstehen. Ein Unternehmer verdient zu viel, zahlt zu wenige Steuern, soll gefälligst das Risiko tragen, wenn er schon zu viel verdienen will. Und das, was an Gewinn übrig bleibt, gehört auf alle aufgeteilt, denn ohne Mitarbeiter wäre der Unternehmer ja längst aufgeschmissen. Kurz gesagt: F*ck the economy!

Gerade bei diesem problematischen Haltungsfehler können die aufflackernden Start-up-Freudenfeuer wesentlich mehr zur Besserung beitragen, als sie es mit Wirtschaftskraft derzeit vermögen. Großes Herz, weiter Horizont, Pioniergeist, Leistungsbereitschaft, Gestaltungswille, Tür zu – Fenster auf, Zuversicht, Einfallsreichtum, Nein ist keine Antwort … – ihr Götter, bitte, bitte, bitte, sprüht uns allen was davon rauf! Davon können wir gar nicht genug kriegen. Davon gibt es nicht genug.

Ja, wir unternehmen was! Wir mischen uns ganz prinzipiell in unsere eigenen Angelegenheiten ein, dazu müssen wir noch lange keine Firma aufstellen. Das ist eine Haltung, die dem Menschen sowieso gut ansteht, und ist doch letztlich nichts anderes als der gelebte Respekt vor sich selbst als freiem Menschen. Humanismus für Hirnblinde, Baby – Aufklärung für Kantwürste.

Die Wirtschaft trägt die Verantwortung für alles, und wenn man in Betracht zieht, dass Wirtschaft wir alle sind, dann stimmt das auch. In der Wirtschaft zeigt sich die Unteilbarkeit von Verantwortung mehr als deutlich, denn Geld geben wir immer dann aus, wenn uns etwas wichtig ist, und das billige T-Shirt wird so lange hergestellt, wie es gekauft wird.

 

Siamesische Zwillinge

 

Diese wachsende Zahl der sogenannten Social Entrepreneurs, jener Unternehmer, die gesellschaftliche Herausforderungen mit einer Business-Idee lösen, machen, bei aller reinherzigen Bewunderung ihres Tuns, aber dann doch nichts Besonderes. Sie machen das, was Unternehmer tun. Tun sollten. Verstehen, was morgen gebraucht wird, und es heute möglich machen. Verstehen, dass Freiheit und Verantwortung nun einmal siamesische Zwillingsschwestern sind, die nichts auf der Welt zu trennen vermag. Probier’s erst gar nicht!

Unternehmer schaffen nicht automatisch Lösungen für gesellschaftlich relevante Aufgaben, aber auch nicht notwendigerweise Probleme. Allerdings: Wenn jemand Lösungen bringt, dann sie.

Staaten und NGOs scheitern in der Lösung gesellschaftlicher Probleme regelmäßig, Unternehmen schaffen es immer wieder, unverschämterweise erfolgreich damit zu sein, und die Menschen vertrauen massiv auf diese Kompetenz. Eine aktuelle Untersuchung der Julius-Raab-Stiftung macht das offensichtlich. Eine deutliche Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher erachtet die Rolle der Unternehmen als Entwickler neuer sozialer Systeme im Zeitalter des digitalen Wandels als sehr oder einigermaßen wichtig und schreibt den Unternehmen in vielen Bereichen eine bessere Kompetenz zur Lösung gesellschaftlicher Probleme zu als der Politik oder Nichtregierungsorganisationen – etwa beim Arbeitsmarkt, bei Bildung beziehungsweise Ausbildung und der Nachhaltigkeit.

Auch deshalb gehören unternehmerisches Denken und Handeln bereits in den frühesten Stufen jeder Ausbildung trainiert. Das hilft den Menschen in jeder Phase ihres Lebens, egal ob sie dann auch einmal ein Unternehmen gründen oder nicht. Es geht um die Fähigkeit, Notwendigkeiten, Chancen und Probleme zu erkennen, bevor sie noch da sind, dass man Risiken abwägen kann, aber die Chancen nützt, vor allem aber einmal etwas unternimmt. Das macht unabhängig.

Ein Hoch auf alle, die so verrückt sind, das zu tun, und hoffentlich nicht deshalb verrückt werden, weil sie etwas tun. Und ein herzliches „Unf*ck the economy!“ allerseits.

 

WIR SIND DAFÜR.

Markus Gull

Markus Gull, Präsident der Julius Raab Stiftung

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